Für Kaffeeform ist Kaffeesatz essentieller Rohstoff. Doch wie kann eine nachhaltige Zukunft für Kaffee aussehen? Wir haben den Initiator des Berlin Coffee Festivals Philipp zum Gespräch getroffen.

Zwei Cafés, eine Rösterei und das Berlin Coffee Festival stehen unter anderem auf deiner Bilanz. Du hast also eine sehr lange und intensive Beziehung zu Kaffee?
Ich mache Kaffee seit ungefähr 10 Jahren. In einem klassischen Gastro-Werdegang habe ich gemerkt, was ich liebe und machen will: Kaffee verstehen. Ich habe alles aufgesogen, bin in die Welt eingetaucht. Vor sieben Jahren fand ich meine Heimat in der Markthalle Neun und betreute dort alles rund um das Thema Kaffee, eröffnete das Kaffee 9 und initiierte das Berlin Coffee Festival. Die eigene Rösterei und das zweite Café, Isla, waren der nächste logische Schritt, um Kaffee noch besser zu verstehen. Im Vorstand der Specialty Coffee Association (SCA) Deutschland kämpfe ich für unser Ziel: #makecoffeebetter. Wir wollen das Thema Specialty Coffee in den Mainstream bringen, für jedermann zugänglich und verständlich.

Eine Mission, die auch das Berlin Coffee Festival verfolgt?
Genau. Wir haben eine krasse Kaffee Szene in Berlin. Leider entstand eine starke Competition unter den Röstereien und Coffee Shops. Für mich war aber klar, dass wir das Thema Specialty Coffee und alle Beteiligten unter ein Dach bringen und gemeinsam präsentieren müssen. Viele Menschen sind oft abgeschreckt: warum ist der Kaffee so teuer, der Laden so schick, und warum sprechen alle Englisch? Mir war wichtig, das aufzubrechen und alle zu erreichen. Beim Berlin Coffee Festival klappt das immer besser, wir ziehen viele Leute an, die das Thema interessiert und die verstehen wollen, was dahinter steckt.

Das Berlin Coffee Festival ist also mehr als eine Party: Es blickt hinter die schönen Kulissen?
Es gibt so viel zu entdecken und verstehen. Kaffee ist ein absurd exotisches Gut, was leider so nicht wahrgenommen wird. In Deutschland trinken wir mehr Kaffee als Bier, es fehlt jedoch die Wertschätzung und Verständnis für die Kette: Wo kommt Kaffee her, wer steckt dahinter, wer verdient wo wieviel. Das wollen wir im Rahmen des Festivals besser repräsentieren. Da wir alle eine sehr kurze Aufmerksamkeitsspanne haben, ist Aufklärungsarbeit super schwierig. Vorträge und Fakten finden die Leute ziemlich schnell ziemlich langweilig. Deswegen muss man sie so verpacken dass es Spaß macht: Deshalb der Festival Charakter mit Entertainment-Faktor.

 

Gemeinschaftliches Denken und Handeln kann einen Wandel in den Köpfen der Konsumenten ermöglichen.

Das diesjährige Festival zeigt eine eigene Zukunftsvision für Kaffee auf. Wie sieht die aus?
Wir haben den “Berlin Batch” ins Leben gerufen: Mehrere Röstereien kaufen gemeinsam den gesamten Rohkaffee einer Farm ab und rösten ihn individuell mit ihrem eigenen Ansatz. Das ist super spannend und zeigt auch die geschmackliche Vielseitigkeit einer Bohne. Und wir legen die Preise transparent offen: was bekommt der Farmer für das Kilo Rohkaffee, welche Kosten fließen ein für Transport, Versicherung, Logistik, Zoll, Lagerung im Hafen und so weiter. Es sind so viele Zwischenstationen und Menschen involviert, die alle wertgeschätzt und fair bezahlt werden sollen. Wenn wir nicht bereit sind, mehr Geld für Kaffee auszugeben, kann man sich schnell ausrechnen wie wenig am Ende beim Farmer landet. Dass man für 5 Euro ein Kilo Kaffee im Supermarkt kauft ist absurd – niemand kann damit in der Kette glücklich sein.

Haben wir vergessen, dass Kaffee eigentlich ein Luxusprodukt ist?
Total! Rohkaffee wird heute traurigerweise wie andere Agrarprodukte an der Börse gehandelt, und der Börsenpreis ist im letzten Jahr stark gesunken. Das heißt, dass Kaffeefarmer ihre Bohnen verkaufen ohne gut davon leben zu können, also machen sie dicht oder bauen lieber Bananen oder auch Opium an. Langfristig wird es weniger Kaffee geben, der dann wieder teurer wird. Ein Teufelskreis, in den man vorher einsteigen und ihn durchbrechen muss. Wir wollen das aufzeigen und verständlich machen: Billiger Kaffee ist das Gegenteil von nachhaltig und ein Weg, die Welt noch schneller kaputt zu machen. 

Stichwort nachhaltig. Wie kann eine nachhaltige Zukunft für Kaffee aussehen?
Das ist natürlich ein sehr vielschichtiges Thema. Nachhaltig im Kontext von Kaffee bedeutet für mich, dass alle Menschen in der Kette davon leben können. Vom Anbau bis zum Konsum und darüber hinaus. Wir müssen die Leute mit denen wir arbeiten fair bezahlen und wertschätzen. Nachhaltig beinhaltet soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte, da spielen so viele Sachen mit rein, man müsste eigentlich viel früher anfangen. Kaffee ist eine kultivierte Pflanze, die eigentlich aus Äthiopien oder dem Jemen stammt. In den anderen Anbauländern von heute gab es früher keinen Kaffee. Man könnte theoretisch diskutieren, ob es überhaupt nachhaltig sein kann, dass Kaffee da überhaupt angepflanzt wird. 

Was wünschst du dir für die Zukunft des Kaffees?
Dass Kaffee nicht nur wegen des Koffeins getrunken wird. Die meisten Menschen sehen in ihm nur einen Wachmacher, einen Koffeinkick. Mein Traum ist, dass Menschen Kaffee für den Geschmack trinken und das Produkt und den Menschen, die dahinter stehen, wertschätzen. 

Zu guter letzt: Wie trinkst du deinen Kaffee?
Inzwischen schwarz. Ich bin ein großer Freund von Filterkaffee, auch wegen dem Ansatz, sich Zeit dafür zu nehmen. Das Aufbrühen bringt mich schon runter, und an der Tasse über 10-15 Minuten zu sippen ist so viel schöner als sich schnell einen Espresso rein zu zu kippen. Ich will dass man Kaffee trinkt weil der Kaffee geil ist. 

Danke, Philipp!

Kaffeeform ist Partner des Berlin Coffee Festivals! Besucht uns auf den Satelliten Events und schlürft euch durch den großen Markttag in der Markthalle mit unseren Cups, die ihr gegen ein Pfand dort erhaltet, denn das gesamte Festival ist Einwegbecher frei! 

 
Fotos: Luke Marshall Johnson für Kaffeeform

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